Conolly, John
Nachname:
Conolly
Vorname:
John
Epoche:
19. Jahrhundert
Arbeitsgebiet:
Psychiatrie
Verwaltung
Geburtsort:
Market Rasen (GBR)
* 27.05.1794
† 05.03.1866
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Englischer Irrenarzt und Reformer.

 

John Conolly (1794-1866) wurde in Market Rasen (Lincolnshire) in eine irisch-stämmige Familie geboren. Ab 1818 studierte er Medizin in Glasgow und dann in Edinburgh, wo er 1821 promovierte. Zwischen 1821 und 1838 ließ er sich als praktischer Arzt in Lewes (Chichester) sowie in Stratford-upon-Avon nieder. In Stratford wurde er zweimal zum Bürgermeister gewählt. Ab 1828 erhielt Conolly (1829) am neuen Londoner University College eine Professur für Medizin, zog aber 1830 nach Warwick, wo er sich ab 1832 zusammen mit Charles Hastings (1794-1866) und John Forbes (1787-1861) für die Verbesserung der ländlichen Irren-Versorgung einsetzte. Er war verheiratet mit Eliza Collins, der Tochter eines Marineoffizieres, und hatte mit ihr vier Kinder (Burrows 1998).

 

Entwicklung der „Non-restraint"-Behandlung

Ab 1839 begann für Conolly eine zweite, entscheidende Phase seiner Laufbahn mit der ärztlichen Leitung des großen Middlesex County Pauper Lunatic Asylum in Hanwell. Nach 1844 blieb er dort konsultierender Arzt bis 1852. Um 1847 engagierte er sich zusammen mit Andrew Reed für die Gründung einer „Idiotenanstalt“. Mit dem Handbuch The Construction and Government of Lunatic Asylums and Hospitals for the Insane verfasste er im gleichen Jahr ein Standardwerk für die Verwaltung und Leitung von Anstalten. In Hanwell führte Conolly die von Robert Gardiner Hill (1811-1878) entwickelte „Non-restraint“-Behandlung ein. Die Behandlung unruhiger Patienten durch physischen Zwang (Zwangsstühle, Zwangsjacken, etc.) schaffte Conolly (1856/1869, S. 39) ab und setzte demgegenüber konsequent auf Duschen, Bäder, Sedativa, Beschäftigung und Bewegung.

 

In seinem 1856 erschienenen Hauptwerk Treatment of the Insane without Mechanical Restraints definierte er: „Das Zwangssystem schliesst jedes nur mögliche Uebel einer schlechten Behandlung, jedes positive und negative Vergehen in sich, während die wachsame, vorsichtige, beinahe väterliche Leitung der Irren, die man unter dem Ausdruck „Non-Restraint“ begreift, Schutz gegen Alles gewährt; das ist sein wahrer Character, wenn es richtig verstanden und gehandhabt wird. … In seinem vollen und wahren Sinne ist es ein vollkommenes Irrenbehandlungssystem, dessen Wirksamkeit in dem Augenblicke beginnt, wo der Kranke die Schwelle des Asyls überschreitet.“ (Conolly 1856/1869, S. 21). Die Methode verbreitete sich in den britischen Irrenanstalten, aber auf dem Kontinent nur zögerlich (vgl. Schmiedebach 2010). In Deutschland setzten sich Wilhelm Griesinger (1868) und Caspar Max Brosius (1825-1910) dafür ein. Letzterer übersetzte 1869 Conollys Hauptwerk ins Deutsche (Die Behandlung der Irren ohne mechanischen Zwang) und praktizierte das Non-restraint-Prinzip in seiner Anstalt in Bendorf.

 

Conolly war zweimal Vorsitzender der Association of Medical Officers of Asylums und 1858 Präsident der Medico-Psychological Association (Hunter 1967, S. 4). Nach 1852 gründete Conolly eine Privatklinik in Hanwell und starb dort 1866.

 

Literatur

Burrows, E. (1998): Alienists' wives: the unusual case of Mrs John Conolly. In: History of Psychiatry 9, S. 291-301,

Clark, J. (1869): A Memoir of John Conolly. Comprising a Sketch of the Treatment of the Insane in Europe and America. London: John Murray.

Conolly, J. (1859). On residences for the insane. In: The British Journal of Psychiatry 5, (29), S. 411-420.

Conolly, J. (1856): The Treatment of the Insane Without Mechanical Restraints. London: Smith, Elder & Co. [Dtsch.: Conolly, J. : Die Behandlung der Irren ohne mechanischen Zwang. Schauenburg: Lahr 1869].

Conolly, J. (1850): Familiar views of lunacy and lunatic life. London: John W. Parker.

Conolly, J. (1847): The construction and government of lunatic asylums and hospitals for the insane. London: Dawsons.

Conolly, J. (1830): An inquiry concerning the indications of insanity; with suggestions for the better protection and care of the insane. London: Taylor.

Conolly, J. (1829): Ten introductory lectures Delivered at the Opening of the University of London. London: University of London.

Conolly, J. (1821): Dissertatio inauguralis de statu mentis in insania et melancholia. Edinburgi: J. Ballantyne.

Griesinger, W. (1868): Ueber Irrenanstalten und deren Weiter-Entwicklung in Deutschland. In: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten 1, (1), S. 8-43.

Hunter, R. (1967): One hundred years after John Conolly. In: Proceedings of the Royal Society of Medicine 60, (1), 85-89.

Schmiedebach, H.-P. (2010): Inspecting Great Britain. German Psychiatrist's Views of British Asylums in the Second half of the Nineteenth Century. In: V. Roelcke, P. Weindling: International Relations in Psychiatry: Britain, Germany, and the United States to World War II. Rochester: Rochester University Press, S. 12-29.

Scull, A. (1988): Insanity in the 18th and 19th centuries. John Conolly: a reconsideration. In: Journal of the Royal Society of Medicine 81, (2), S. 67-70.

Scull, A. (1984): A brilliant career? John Conolly and Victorian psychiatry. In: Victorian Studies 27, (2), S. 203-235.

 

Robin Pape, Burkhart Brückner

 

Foto: unbekannt / Quelle: Wikimedia / Lizenz: CC-BY-4.0

 

Zitierweise
Robin Pape, Burkhart Brückner (2015): Conolly, John.
In: Biographisches Archiv der Psychiatrie.
URL: biapsy.de/index.php/de/9-biographien-a-z/192-conolly-john
(Stand vom:21.11.2024)