Wölfli, Adolf
Nachname:
Wölfli
Vorname:
Adolf
Epoche:
19. Jahrhundert
20. Jahrhundert
Arbeitsgebiet:
Kunst
Geburtsort:
Bowil (CHE)
* 29.02.1864
† 06.11.1930
Biographie drucken

Schweizer Maler, Autor, Komponist und Anstaltsinsasse.

 

Adolf Wölfli (1864-1930) wurde in Höchstetten (Schweiz) als siebtes Kind des Steinhauers Jakob Wölfli und der Wäscherin Anna Wölfli in ärmliche soziale Verhältnisse geboren. Der Vater wurde mit Diebstählen und Alkoholproblemen straffällig und trennte sich 1870 von der Mutter, die drei Jahre später starb, was Wölfli erst Monate später erfuhr. Er arbeitete bis 1889 unter schwierigsten Bedingungen als Verdingbub, Tagelöhner und Knecht auf Höfen in den Kantonen Bern und Neuenburg. Nach versuchtem Missbrauch zweier Mädchen verbüßte er 1890/92 eine Haftstrafe im Zuchthaus St. Johannsen. Nach der Entlassung vereinsamte er zunehmend und wurde 1895 – nach versuchtem Missbrauch eines Kleinkinds – mit der Diagnose „Dementia paranoides“ und als „gemeingefährlich“ dauerhaft in die kantonale Irrenanstalt Waldau bei Bern eingewiesen.

 

Leben und Kunst in der Anstalt

Nach Gewalttätigkeiten isolierte man ihn in einer Einzelzelle, dort begann er 1899 künstlerisch aktiv zu werden. Ab 1904 sind erste Zeichnungen erhalten. Innerhalb von 30 Jahren entstanden über 3.000 Bilder und Collagen sowie 25.000 Heftseiten mit Texten, Lyrik und Kompositionen. Zwischen 1908 und 1916 schrieb Wölfli seine imaginäre Autobiographie und Reiseschilderung Von der Wiege bis zum Graab, ab 1917 komponierte er Musik (Trauermarsch, 1928-1930). Sein Arzt Walter Morgenthaler machte ihn 1921 in der Monographie Ein Geisteskranker als Künstler bekannt. Im November 1930 starb Adolf Wölfli in der Waldau an Magenkrebs.

 

1948 stellte Jean Dubuffet Wölflis Zeichnungen in den Räumen der Compagnie de l’Art Brut in Paris aus. Wölfli gilt als einer der produktivsten Künstler des 20. Jahrhunderts im Kontext der Psychiatrie. Seit 1975 pflegt die Adolf-Wölfli-Stiftung seinen Nachlass.

 

Literatur

Adolf-Wölfli-Stiftung (2006): Adolf Wölfli. Bern: Adolf-Wölfli-Stiftung.

Aeberhard, S., C. Battegay, S. Leuenberger (2014): DialÄktik. Zürich: Chronos.

Baumann, D., Adolf-Wölfli-Stiftung (1996): Adolf Wölfli im Lauf der Zeit. Eine Rezeptionsgeschichte. 1921-1996. Basel: Wiese.

Baumann, D., M. Brunner (2002): Kopfreisen Jules Verne, Adolf Wölfli und andere Grenzgänger. Frankfurt am Main: Revolver.

Chanfrault-Duchet, M.-F. (1998): Adolf Wölfli. Autobiographie und Autofiktion. Freiburg im Breisgau: Rombach.

Gehbauer Tichler, U. (1999): Ein Diener Gotes ohne Kopf. Eine linguistische Untersuchung zur Transparenz von Adolf Wölflis Erzählwerk. Berlin: Lang.

Glaesemer, J., E. Spoerri, Adolf-Wölfli-Stiftung (Hg.) (1987): Adolf Wölfli. Zeichnungen 1904-1906. Stuttgart: Hatje.

Haselbeck, H. (2014): Adolf Wölfli zu seinem 150. Geburtstag. In: Sozialpsychiatrische Informationen 44, (3), S. 3-5.

Hunger, B. (1993): Portrait eines produktiven Unfalls. Adolf Wölfli. Dokumente und Recherchen. Frankfurt am Main: Stroemfeld, Nexus.

Morgenthaler, W. (1921): Ein Geisteskranker als Künstler. Bern: Bircher.

Perret, R. (2013): Moderne Poesie in der Schweiz. Zürich: Limmat.

Spoerri, E. (1976): Adolf Wölflis Erzählwerk. In: G. Hofer, K. P. Kisker (Hg.): Die Sprache des Anderen. Basel: Karger, S. 164-177.

Spoerri, E., Adolf-Wölfli-Stiftung (1976, Hg.): Adolf Wölfli. Ausstellungskatalog. Bern: Kunstmuseum.

Spoerri, E., J. Glaesemer (1976): Adolf Wölfli. Werke aus einer Privatsammlung. Ausstellungskatalog. Bern: Kunstmuseum.

Spoerri, E., M. Wechsler, Adolf-Wölfli-Stiftung (1991, Hg.): Adolf Wölfli. Geographisches Heft Nr. 11. Stuttgart: Hatje.

Spoerri, E. (2003, Hg.): Art of Adolf Wölfli. St.Adolf - Giant - Creation. Princeton: University Press.

Surhone, L. M., M. T. Tennoe, S. F. Henssonow (2010): Adolf Wölfli. Beau Bassin-Rose Hill: Betascript.

Wismer, B., S. Kunz, I. Erhard (1997): Berge Blicke Belvedere. Kunst in der Schweiz von der Aufklärung bis zur Moderne. Ostfildern-Ruit: Hatje.

Wölfli, A. (1895): Kurze Lebensbeschreibung. In: W. Morgenthaler: Ein Geisteskranker als Künstler. Bern: Bircher, S. 95-104.

Wölfli, A., Adolf-Wölfli-Stiftung (Hg.) (1985): Von der Wiege bis zum Graab. Schriften 1908-1912. 2 Bde. Frankfurt am Main: Fischer.

Wölfli, A., Adolf-Wölfli-Stiftung (1996): Adolf Wölfli. Schreiber, Dichter, Zeichner, Komponist. Basel: Wiese.

Wölfli, A. (1998): Adolf Wölfli. Die Schenkung Ernst und Maria Elisabeth Mumenthaler-Fischer. Ausstellung Basel Kunstmuseum, Museum Schloß Moyland und Kunsthalle Tübingen. 1998-2000. Basel: Schwabe.

Wölfli, A., D. Baumann (1998): Adolf Wölfli. 1864-1930. Ausstellungskatalog Rom und Mailand. Rom: De Luca.

Zemankova, T. (2013, Hg.). Adolf Wölfli. Creator of the Universe. Revnice: Arbor Vitae.

 

Robin Pape, Burkhart Brückner

 

Foto: Mutz / Quelle: Wikimedia / gemeinfrei [public domain].

 

Zitierweise
Robin Pape, Burkhart Brückner (2015): Wölfli, Adolf.
In: Biographisches Archiv der Psychiatrie.
URL: biapsy.de/index.php/de/9-biographien-a-z/149-woelfli-adolf
(Stand vom:17.11.2024)