- Nachname:
- Benedetti
- Vorname:
- Gaetano
- Epoche:
- 20. Jahrhundert
- Arbeitsgebiet:
- Psychiatrie
Psychoanalyse
Psychotherapie - Geburtsort:
- Catania (ITA)
- * 07.07.1920
- † 02.12.2013
Benedetti, Gaetano
Italienischer Psychiater, Psychotherapeut und Psychoanalytiker.
Gaetano Benedetti (1920-2013) wurde in Catania (Sizilien) als Sohn eines angesehenen Chirurgen geboren. Dort studierte er Medizin und begann die Weiterbildung zum Psychiater. 1947 ging er an die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, um seine psychopathologischen Kenntnisse zu vertiefen. Zwei Jahre später heiratete er eine Schweizerin, aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Nach einem neunmonatigen Forschungsaufenthalt in den USA habilitierte er sich 1953 bei Manfred Bleuler in Zürich und 1955 auch in Rom. 1956 wurde er als Extraordinarius auf die Professur für Psychohygiene und Psychotherapie an der Medizinischen Fakultät der Universität Basel berufen. Er erhielt zudem 1960 einen Ruf an die Universität Frankfurt, konnte diesen jedoch nicht annehmen, da er zu der Zeit an einer schweren neurologischen Erkrankung litt. In den achtziger Jahren war er Gastprofessor an der Medizinischen Fakultät der Universität Perugia. Nach seiner Emeritierung 1985 arbeitete er weiterhin wissenschaftlich, erhielt ein Ehrendoktorat der Universität Turin und behandelte Patienten. 2004 starb seine Frau Anita, was ihn schwer erschütterte. Gaetano Benedetti verstarb im Alter von 93 Jahren in Zürich.
Psychotherapie der Psychosen
Benedetti lieferte wichtige Beiträge zum therapeutischen Verstehen von schizophrenen Störungen und zur allgemeinen Psychotherapie der Psychosen. Damit widersprach er dem früher vorherrschenden Paradigma, Schizophrenie sei nicht bzw. nur unerheblich durch Psychotherapie beeinflussbar. Charakteristisch für seine Methode ist der Versuch, sich so weit wie möglich in das Erleben der Patienten einzufühlen und sich im Rahmen der Übertragung mit ihnen zu identifizieren. Dieses „Mit-dem-Patient-Sein“ sei die angemessene therapeutische Antwort auf die „negative Existenz“ der gestörten Person. Zusammen mit Christian Müller rief Benedetti 1955 das Internationale Symposium für die Psychotherapie der Schizophrenie (ISPS) ins Leben. 1963 gründete er in Mailand das Institut „Associazione e scuola di studi psychoanalitici“ zur Weiterbildung von Psychologen und Ärzten in Psychoanalyse und Psychotherapie.
Hauptwerke
In dem Buch Psychiatrische Aspekte des Schöpferischen und schöpferische Aspekte des Psychiatrischen (1975) integrierte Benedetti die symbolische Bedeutung von künstlerischen Arbeiten der Patienten in die Psychotherapie. Die Bildnisse und Skulpturen seien im Kontext der Symptomatik grundsätzlich kreative Leistungen. Ihre Symbolik werde in der Therapie zusammen mit den Patienten gedeutet und damit entstehe eine „dialogische Positivierung” und „transformatorische Kraft ..., die aus einer Minus- eine Plussituation schafft” (Benedetti 1999, S. 94).
1980 publizierte Benedetti sein bekanntestes Werk zur Theorie und Therapie der Schizophrenie: Todeslandschaften der Seele. Unter „Todeslandschaften“ verstand er „Leerräume, in denen gewisse menschliche Fähigkeiten nicht zur Entwicklung gelangen und existentiell unentbehrliche Grundmuster sich nicht konfigurieren können” (S. 51). Nach einer Einführung in die Psychopathologie, der „Schau des Kranken aus der Beobachtung” (1980/83, S. 5) im ersten Teil, behandelte er die Psychodynamik (zweiter Teil) und die Psychotherapie der Schizophrenie (dritter Teil). Benedetti verstand Psychopathologie und Psychotherapie als Einheit, es komme darauf an, „im selben Geiste beides zu erfassen, das Abnorme, wie auch das Unsrige in ihm” (S. 6).
Auszeichnungen
1981: Jakob Burckhardt Preis.
1983: Ehrenmitglied der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG).
1985: Hans Prinzhorn Medaille.
1999: Margrit Egnér Preis.
Literatur
Benedetti, G. (1952): Die Alkoholhalluzinosen. Stuttgart: Thieme.
Benedetti, G. (1964): Klinische Psychotherapie. Bern, Stuttgart: Huber.
Benedetti, G. (1964a): Der psychisch Leidende und seine Welt. Stuttgart: Hippokrates.
Benedetti, G. (1973): Psyche und Biologie. Stuttgart: Hippokrates.
Benedetti, G. (1975): Psychiatrische Aspekte des Schöpferischen und schöpferische Aspekte der Psychiatrie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Benedetti, G. (1975a): Ausgewählte Aufsätze zur Schizophrenielehre. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Benedetti, G. (1976): Der Geisteskranke als Mitmensch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Benedetti, G. (1980): Alienazione e personazione nella psicoterapia della malattia mentale. Torino: Einaudi. [Dtsch.: Todeslandschaften der Seele. Göttingen: Verlag für medizinische Psychologie 1983].
Benedetti, G. (1992): Psychotherapie als existentielle Herausforderung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Benedetti, G. (1999): Das Symptom als kreative Leistung. In: P. Buchheim, M. Cierpka, T. Seifert (Hg.): Lindauer Texte zur psychotherapeutischen Fort- und Weiterbildung. Symptom und Persönlichkeit im Kontext. Ressourcen. Aspekte der Wirklichkeit. Berlin: Springer, S. 93-106.
Benedetti, G. (2006): Symbol, Traum, Psychose. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Erdmann, M. (2014): Nachruf auf Gaetano Benedetti. In: Forum der Psychoanalyse 30, (1), S. 1-2.
Küchenhoff, J. (2013): Gaetano Benedetti, der Pionier psychoanalytischer Psychosenpsychotherapie, ist verstorben. In: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 164, (8), S. 260-261.
Rachel, B. (2000, Hg.): Die Kunst des Hoffens. Begegnung mit Gaetano Benedetti. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Tölle, R. (1983): Gaetano Benedetti: Todeslandschaften der Seele. In: Deutsches Ärzteblatt 80, (44), S. 124.
Julian Schwarz
Zitierweise
Julian Schwarz (2015):
Benedetti, Gaetano.
In: Biographisches Archiv der Psychiatrie.
URL:
biapsy.de/index.php/de/9-biographien-a-z/108-benedetti-gaetano
(Stand vom:17.11.2024)